Gorillas am Hang
Kälte empfängt uns, noch ist es dunkel. Durch die angefrorenen Scheiben unseres Landcruisers suchen wir den holprigen Weg. Einige Kinder laufen am Straßenrand bereits in die Schule. Teilweise ohne Jacke und ohne Schuhe.
Viel zu früh gelangen wir zu unserem Treffpunkt, von dem unser Gorilla-Trekking starten wird. Guides und Tracker der UWA (Ugandan Wildlife Authority) warten mit dem Briefing, bis alle Teilnehmer angekommen sind. Dann werden wir auf zwei Gorilla-Familien aufgeteilt. Jeden Tag dürfen maximal acht Personen für nur eine Stunde die Tiere besichtigen. Weltweit leben etwa noch 800 Berggorillas, davon die Hälfte in Uganda. Durch hervorragenden Schutz und die stark reglementierten Besuchergenehmigungen ist es der UWA jedoch gelungen den Bestand zu schützen, er scheint sogar wieder zu steigen.
Bevor es losgeht, müssen wir entscheiden, ob wir Hilfe durch einen Porter benötigen. Für uns wird James den Rucksack mit Wasser und Lunchpacks tragen. Falls nötig wird er uns wohl auch halten, ziehen oder schieben. Ich hoffe auf meine passable Fitness. Der Weg führt über den Bergkamm, vorbei an vereinzelten Lehmhäusern. Trotz des guten Profils meiner Bergschuhe, finden meine Füße auf dem rutschigen Boden kaum Halt. Porter, Guides und Tracker tragen einfache Gummistiefel. Die Häuser werden seltener und durch die Lichtungen blicken wir auf die Undurchdringlichkeit des Bwindi National Parks. Der Regenwald reicht bis ins Tal und legt sich wie ein grüner Teppich über die Berge.
Wir sind bereits eineinhalb Stunden gegangen, als ein Tracker den ersten Gorilla aufspürt. Die Gorilla-Dame sitzt unterhalb unseres Weges am Hang. Dort vernascht sie einen morschen Baumstamm. Wir klettern wenige Meter an sie heran, und beobachten ihre stoische Ruhe. Gleich in der Nähe sitzt der erste Silberrücken. Schweigend und bewegt reihen wir uns um ihn und bewundern seinen breiten Rücken und die Pranken. Die Tiere sind zwar sozialisiert, der Silberrücken fühlt sich aber bald belästigt und zieht in entspannten Bewegungen weiter den Abhang hinunter ins dichte Gestrüpp. Wir nehmen die Verfolgung auf und suchen nach weiteren Familienmitgliedern. Vermutlich sitzen sie irgendwo am Berghang und futtern. Das tun sie eigentlich den ganzen Tag. Blätter, Samen, Rinde, gelegentlich vielleicht mal eine Ameise. Um sie zu finden, müssen die Tracker mit ihren Macheten das dichte Gestrüpp zur Seite schlagen. Für uns geht der Weg jetzt steil nach unten. Wir halten uns an Zweigen und Ästen fest, oder was wir gerade zu greifen bekommen. James geht voraus und ist sehr bemüht, dass wir unsere Füße an geeignete Stellen setzen. Ich denke nur noch daran, dass wir diesen Weg auch wieder zurück müssen. Nach und nach treffen wir auf immer weitere Tiere. Die Gorillas sitzen in den Bäumen, liegen relaxt am Boden oder ziehen lässig Zweige durch den Mund, um die Blätter daran abzustreifen. Sie beachten uns scheinbar nicht und strahlen entspannte Gelassenheit aus.
Die Besuchszeit zieht sich. Da die Tiere ungewöhnlich verstreut sind, klettern wir ihnen etwa zwei Stunden hinterher, bis die Guides den Rückweg antreten. Innerhalb kürzester Zeit sind wir komplett durchgeschwitzt und ringen nach Luft. Der Bewegungsmangel und straßenverstaubte Lungen machen sich bemerkbar. Wir legen sehr viele Pausen ein, bis wir zurück auf dem Bergkamm sind. Und weitere, bis wir zurück beim Gebäude der UWA sind. Sieben Stunden sind seit unserem Aufbruch vergangen, jetzt fühlen wir uns gebraucht und alt.
Aufgrund der Positionierung der Gorilla-Familie war es ein anspruchsvolleres Trekking. Die Momente in denen wir direkt neben den Tieren standen, sprachlos und andachtsvoll, ihre Kraft und Ruhe bewundernd, machen die Erlebnisse zu einer einzigartigen Belohnung.
Ihr wollt ebenfalls ein Gorilla-Trekking in Uganda erleben? Dann beantragt die Permits etwa ein halbes Jahr im Voraus – danach ist es Glücksache. Hier gibt es weiterführende Infos.
Einen Bericht über unsere Rundreise durch den Süden Ugandas gibt es Hier.