Mit Hund auf großer Reise
Mit zunehmendem Alter scheint man fast unausweichlich irgendwelche Eigenartigkeiten zu entwickeln. Von diesem Prozess bleibt auch unsere 12-jährige Labrador-Hündin nicht verschont. So richtig auffällig wurde es im letzten Jahr, als wir ihren seltsamen Husten abklären wollten. Altershusten lautete die Diagnose, die bei Hunden gar nicht so unüblich ist, bei Lilly aber erschreckend menschlich nach jahrelangem Zigarrenkonsum und durchzechten Nächten klingt. So ziehen wir inzwischen regelmäßig entgeisterte Blicke auf uns, wenn Lilly an einem belebten Platz einen Hustenanfall bekommt. Ich deute dann schulterzuckend auf den armen Hund, Benno augenzwinkernd auf mich.
Nicht nur Lillys Lunge zeigt Alterserscheinungen, auch ihre Lauscher funktionieren nur noch in bestimmten Frequenzen – und wenn sie es will. Sie öffnet sich eigenständig Haustüren, um auf die Suche nach ihrem Herrchen zu gehen, hebt aber kaum die Schnauze, wenn sich ihre Bewegungslust am Nullpunkt befindet. Sie liebt gemeinsames Frühstücken, jede zusätzliche Leckerei wird selbstverständlich auch nicht verschmäht. Ihre Blicke sind herzerweichend, alleine bleiben eine Qual und Erziehungsmaßnahmen irgendwie sinnlos. Hundetrainer werden uns dafür mitleidvoll belächeln. Für uns ist inzwischen klar, dass ein Ersatzrudel nicht nur für unsere Seniorin eine Zumutung ist und Lilly uns in Zukunft auch auf längeren Reisen begleiten wird.
Die erste größere Tour mit Lilly führt nach Schottland. Vier Wochen darf sie tagsüber einen weichen Platz in unserem Reisemobil belegen und abends in immer neuen Unterkünften nächtigen. Lilly ist selbstverständlich gechipt und hat einen EU-Heimtierausweis.
Als wir in Calais ankommen, stellt die Dame am Check-in-Schalter des Eurotunnels fest, dass die Tollwutimpfung 20, statt der geforderten 21 Tage alt ist, und die Wurmkur nicht im Ausweis dokumentiert wurde – die Briten nehmen’s genau. Die Dame empfiehlt uns den fehlenden Impftag zu verbummeln, und einen Tierarzt in Calais, um der armen Lilly eine weitere Wurmtablette zu verpassen. Wir kommen so zu einer Nacht in einem charmanten französischen Landhaus und ich auf die Frage, welche Bedingungen und Schwierigkeiten uns wohl bei zukünftigen Reisen in andere Länder erwarten könnten.
Wie sind die Einreisebestimmungen mit Hunden?
Wer sein Tier mit nach Australien nehmen will, muss sich bereits Monate im Voraus um Dokumente, Impfungen und mehrfache Kontrollen bemühen, für Südafrika benötigt man eine Importgenehmigung, in Brasilien könnte die Ausfuhr kompliziert werden. So unterschiedlich die Bestimmungen weltweit sind, so geregelt sind sie im europäischen Raum. Im Grunde steht einer Reise nichts im Weg, wenn der Hund gechipt ist und eine Immunisierung gegen Tollwut nachweisen kann. Die Impfung muss nach der Implantation des Chips erfolgen, und mindestens 21 Tage alt sein. Zusätzlich wird z.B. in Großbritannien, Norwegen und Finnland eine Bandwurmbehandlung verlangt, die im Heimtierausweis von einem Tierarzt dokumentiert wurde und bei Einreise zwischen 24 und 120 Stunden alt ist.
Einige europäische Länder reglementieren die Einfuhr von Hunden, die als potentiell gefährlich eingestuft werden. Halter solcher Tiere sollten sich bei den Behörden des Ziellandes genauestens informieren.
Der ADAC und das Auswärtige Amt bieten gesammelte Informationen zu den einzelnen Ländern und weiterführende Links.
Neben den rechtlichen Vorgaben, gibt es regionsabhängig große Unterschiede des Hundealltags. So besteht zum Beispiel in Portugal nicht nur Leinenpflicht, der Hund muss in der Öffentlichkeit auch einen Maulkorb tragen. In manchen Ländern sind Hunde in öffentlichen Verkehrsmitteln unzulässig, Restaurants dürfen sie nicht betreten. Hundeverbote am Strand und fehlende Übernachtungsmöglichkeiten schränken die Urlaubsfreude an vielen Stellen zusätzlich ein. Deutlich entspannter ist daher natürlich ein reiner Campingurlaub.
Unser Resümee
Wir finden über unsere Lieblingsplattform booking.com deutlich weniger hundefreundliche Unterkünfte, diese sind dennoch zum Großteil sehr ansprechend, oft sogar herausragend. Da der Bewegungsdrang von Lilly inzwischen deutlich nachgelassen hat, scheinen auch längere Fahrtage ihr Wohlgefühl nicht weiter zu beeinträchtigen. Sobald sie im Auto verstaut ist, rollt sie sich auf ihrem Lammfell zusammen und entspannt. In Restaurants ist sie in Schottland unerwünscht und bei der Besichtigung von Museen und Schlössern darf sie uns nicht begleiten. Sie wartet dann brav im Auto, hebt kurz die vom Liegen zerknautschte Schnauze, schaut uns mit müdem Blick fragend an, sucht eine neue Liegeposition und schläft weiter. Wenn ihr die Fahrt zur nächsten Station irgendwann doch zu lange wird, robbt sie sich über den Kühlschrank auf die Mittelkonsole. Dort kuschelt sie sich an den Arm ihres Herrchens oder lässt sich von mir hinter den Ohren kraulen. Am nächsten Ziel angelangt, ist die Freude dann aber doch überschwänglich und die Bewegungslust ganz seniorenuntypisch. Allabendlich nutzt sie den Teppichboden vor der Rezeption, um sich von wohligem Grunzen begleitet minutenlang über den Boden zu schubbern – verfolgt von irritierten Blicken der Angestellten. Lilly kann sich endlich ausgiebig im Sand wälzen, durch seichtes Meerwasser waten und Möwen jagen. Sie entdeckt, dass trockene Algen super schmecken, glitschige eher nicht. Unser Hund scheint glücklich. Abends schmeißt sie sich mit ihren neuen Eindrücken auf ihr Fell und versinkt sekundenschnell im Tiefschlaf. Lilly ist der geborene Globetrotter.