TÜRKEI

Kappadokien – Zauberhaftes Märchenland aus Tuffstein

In Göreme quirlt das Leben. Restaurants und Bars sind bis auf die letzten Plätze belegt, Touristenscharen schlendern durch verwinkelte Gassen, stöbern nach Mitbringseln in Souveniershops, bewundern handgeknüpfte Kelims bei Teppichhändlern. Im warmen Licht der sinkenden Julisonne verschmelzen die Konturen der Landschaft mit den skurrilen Tuffsteinformationen, an die sich die kleine Ortschaft klammert. Hunderte dunkler Löcher starren uns aus ausgehöhlten Steinkegeln entgegen. Es ist nur der kleine, sichtbare Teil eines ausgeklügelten Höhlensystems, welches über mehrere Ebenen zu einer unterirdischen Stadt gegraben wurde –  nicht die Einzige und Größte in Kappadokien.

 

Mit Feuer, Wasser und Wind zu einer verzauberten Landschaft

 

Erciyes Dağı und Hasan Dağı heißen die beiden Vulkane, die im Zusammenspiel mit Erosion das außergewöhnliche Landschaftsbild formten. Aus verdichteter Asche und Gesteinsfragmenten entstand Tuffstein, dessen weiche Struktur ideale Voraussetzungen für den Bau komplexer Wohnanlagen lieferte. Erste Spuren menschlichen Lebens reichen bis in die Jungsteinzeit zurück. Seitdem lebten unterschiedlichste Völker in Kappadokien, formten die Steine nach ihren Bedürfnissen und erschufen das heute von der UNESCO geschützte Weltkulturerbe.

Trotz der sinkenden Sonne rinnt uns der Schweiß den Rücken herunter, während wir zwischen Felsenwohnungen einer steilen Straße zu einem Plateau oberhalb Göremes folgen. Wir setzten uns auf die warme Steinplattform und genießen bei Sonnenuntergang den Rundumblick auf den Talkessel mit seinen Tuffsteingebilden, auf Göreme, und die Felsenfestung des nahen Uchisar. Morgens beobachten Frühaufsteher von hier aus auch den Start hunderter, bunter Heißluftballons, die bei geeigneten Verhältnissen aus der Ebene aufsteigen und über Kappadokien fahren. Der Zauber dieser Stimmung ist sowohl vom Boden als auch aus dem Ballonkorb eines der Erlebnisse, weshalb man sich unbedingt rechtzeitig vor Sonnenaufgang aus seinem Bett quälen sollte. Eine Ballonfahrt bucht man am besten im Vorfeld, da sonst oft keine Plätze mehr verfügbar sind. Royal Ballon ist einer der vielen Anbieter mit deutschsprachiger Seite.

 

Göreme in Kappadokien

 

Zwischen Feenkaminen und Touristenbussen

 

Der Zauber Kappadokiens ist natürlich längst kein Geheimtipp mehr – mit uns kommen jedes Jahr etwa zwei Millionen Besucher. Die Meisten landen direkt im zentral gelegenen Göreme. Von hier aus lassen sich Tagestouren zu unzähligen Sehenswürdigkeiten unternehmen. Fußläufig unterhalb der Ortschaft liegt das Freilichtmuseum Göreme mit hunderten zum Teil sehr gut erhaltenen Kirchen und Klöstern – davon etliche unter der Erde. Als Kontrastprogramm kann man ein Quad ausleihen und über Sandpisten zur nächsten Höhlenstadt brettern, mit Pferden unwegsames Gelände bereiten, oder zu Fuß Täler mit märchenhaften Namen wie Rosental oder Honigtal erkunden. Auch das ‚Love Valley‘ lockt Besucher mit einer Besonderheit: Die Tuffsteine im Tal der Liebe sehen aus wie Phallussymbole. ‚Feenkamine‘ nennen Einheimische die unterschiedlich geformten Steinkegel, Säulen, Pyramiden.

 

Love Valley in Kappadokien

Tuffsteinkegel in Kappadokien

 

Wir erkunden die Wege mit unserem Geländewagen, klettern zwischen wildem Wein in abgelegene Steinbehausungen und balancieren todesmutig über einen Felsvorsprung. In einer kleinen Ortschaft lassen wir uns von Senay zwei große Plastikgläser frischen Orangensaft pressen. Sie bewohnt eine Höhlenwohnung und verköstigt auf ihrer Terrasse von der Sonne ausgetrocknete Touristen mit frischen Säften und Kaffee. Nachdem wir uns zu einem zweiten Glas überreden lassen, fällt sie mir um den Hals, küsst mich und schenkt mir zum Andenken einen Plastikring. In ihrer kargen Wohnung liegen ein paar bunte handgewebte Wollteppiche, ein altes Holzbett, eine Holztruhe. Es ist dunkel, aber der Stein sorgt sowohl in den heißen Sommermonaten, als auch im kalten Winter für Temperaturausgleich. Ihre Kinder sind in die Stadt gezogen, ihr Mann ist seinem Faible für Hochprozentiges erlegen. Wegzuziehen wäre für sie dennoch undenkbar – zu stark fühlt sie sich verwurzelt. Alleine ist sie damit nicht, denn etliche der oberirdischen Tuffstein-Wohnungen sind immer noch bewohnt. Hier und da wurde ein Fenster eingebaut oder eine Satellitenschüssel montiert. Wohnungen, die nicht mehr von Einheimischen genutzt werden, sind zu unterschiedlichsten Unterkünften umgebaut worden – vom einfachen Zimmer bis zum Luxus-Höhlenhotel. Der Boom der letzten Jahre ist dabei auch immer wieder Anreiz weitere Unterkünfte in den noch unbehauenen Stein zu schlagen – entgegen jeder Legalität.

 

Ruhesuchende finden am Rande Kappadokiens die etwas vergessene und vernachlässigte kleine Ortschaft Ürgüp. Auch hier kann man in einem Höhlenzimmer nächtigen, mit weniger Touristen, aber sicherlich dem gleichen magischen Charme einer 1001-Nacht-Unterkunft. Morgens wird man in den Herbergen mit einem köstlichen türkischen Frühstück versorgt. Vollgestopft mit Oliven, gefüllten Teigtaschen und Schafskäse kann man sich dann wieder auf Erkundungstour begeben – vielleicht in das Tal der Tauben bei Uchisar?

 

 

Am Abgrund in Kappadokien

Felsenwohnungen in Kappadokien

 

Viele großartige Tipps zu einer Reise nach Kappadokien und in die Türkei gibt es HIER.

 

 

 

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